- Wie hat sich die Asienqualifizierung an Ihrer Schule etabliert?
- Wie wird der Austausch finanziert?
- Wie gelingt Austausch aus Ihrer Erfahrung? Was sind wichtige Faktoren?
- Welche weiteren China-bezogenen Aktivitäten gibt es bei Ihnen?
- Welchen Mehrwert bringt das Programm für die Schule und die Region?
Seit dem Schuljahr 2015/16 bietet das Hansa Berufskolleg in Unna den Auszubildenden das Angebot zum Erwerb der Zusatzqualifikation ‚Asienkaufmann/-kauffrau’ in Kooperation mit der IHK Dortmund an. Die Auszubildenden erlangen dabei über ihre Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann/-frau hinaus berufsspezifische Asienkenntnisse. Fachspezifische Kurse zu Außenhandelsprozessen, Wirtschaftsenglisch und der chinesischen Sprache vermitteln berufliche und interkulturelle Kompetenzen und bereiten die Teilnehmenden auf zukünftige Tätigkeiten mit Deutschlands wichtigstem Handelspartner China vor. Wir haben mit Marion Kadoch, Studiendirektorin für den Bereich Internationale Projekte und stellvertretende Bildungsgangleiterin im Bereich Großhandel, und Thomas Holzhausen, Studiendirektor und Leiter des Bereichs Groß- und Außenhandel und Duales Studium Handel, über das Programm gesprochen.
Wie hat sich die Asienqualifizierung an Ihrer Schule etabliert?
T. Holzhausen:
Die Grundidee der Asienqualifizierung kam von unseren Ausbildungsbetrieben in der Region. Sie regten an, den Bereich Außenhandel stärker zu fördern, um Nachwuchskräfte auf das Außenhandelsgeschäft vorzubereiten. Dabei wurde als regionaler Schwerpunkt häufig Asien bzw. China vorgeschlagen. Die ersten Schritte zur Asienqualifizierung begannen 2014, als wir unsere chinesische Partnerschule im Rahmen einer Weiterbildung von chinesischen Berufsschullehrer:innen in Shanghai kennenlernten. Mit ihr erarbeiteten wir ein Konzept, aus dem die Zusatzqualifikation „Asienkaufmann/-frau“ entstand und das die fachlichen Module im Bereich Außenhandel mit interkultureller Bildung kombiniert und auch einen Schüleraustausch mit China umfasst.
M. Kadoch:
Im Frühjahr 2015 besuchte uns dann die erste Gruppe chinesischer Berufschüler:innen in Unna, und seitdem erfolgt der Austausch in einem zweiseitigen Wechsel: im Frühjahr kommen ca. 20 chinesische Schüler:innen nach Unna und begleiten die deutschen Schüler:innen in ihren Ausbildungsbetrieben und im Herbst erfolgt die Reise von 10-15 deutschen Schüler:innen nach Shanghai. Dort lernen sie das chinesische Familien- und Arbeitsleben kennen und kommen bei Gastfamilien unter. Die lokalen Ausbildungsbetriebe helfen uns dabei, chinesische Betriebe zu kontaktieren und die Türen zu den Betrieben zu öffnen. Weitere Kooperationen zwischen den Teilnehmenden entstehen dadurch nicht nur auf Schulbasis, sondern auch im beruflichen Bereich und bieten den Teilnehmenden eine enorme Horizonterweiterung.
Wie wird der Austausch finanziert?
M. Kadoch:
Das Programm wird durch den Pädagogischen Austauschdienst mit 100 Euro pro Schüler:in unterstützt. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit der Stiftung Mercator zusammen. Die verbleibende Selbstbeteiligung wird i.d.R. von den Ausbildungsbetrieben übernommen, weil die Unternehmen den fachlichen Mehrwert erkennen. Die Teilnehmenden sind dafür sehr dankbar und revanchieren sich mit sehr guten fachlichen Leistungen und dem Erwerb interkultureller Kompetenzen.
Wie gelingt Austausch aus Ihrer Erfahrung? Was sind wichtige Faktoren?
M. Kadoch:
Ganz viel Glück mit den Partnerschulen! Unsere Ansprechpartner:innen in Shanghai haben in den vergangenen Jahren kaum gewechselt. Dadurch haben wir eine vertrauensvolle und langfristige Zusammenarbeit. Sprachliche Barrieren haben wir nicht - die Leiterin auf chinesischer Seite spricht fließend Englisch, auch die chinesischen Deutschlehrkräfte sind sehr gut ausgebildet. Bei der Kommunikation ist neben Flexibilität und Vertrauen ein offenes Ohr wichtig, um eventuelle Hürden gemeinsam zu überwinden.
Erfolgreicher Austausch gelingt auch durch die Unterstützung der Schulleitung. Unser Schulleiter war so begeistert von dem Programm, dass er selbst Chinesisch gelernt und sogar die HSK 1-Prüfung absolviert hat und mit nach China gereist ist. Für die chinesische Seite war das ein Ausdruck großer Anerkennung und führte dazu, dass im darauffolgenden Jahr der chinesische Schulleiter nach Unna kam und wir gemeinsam einen Fünfjahresplan entwickelt haben, um unseren Schulaustausch fortzuführen.
T. Holzhausen:
Von großem Vorteil sind die fachlichen Überschneidungen mit unserer Partnerschule. Fachkompetenzen und Sprachkurse greifen perfekt ineinander. Die chinesische Partnerschule ist unser wichtigster Partner, aber zu unserem Netzwerk gehört auch das Goethe-Institut China, der Pädagogische Austauschdienst und die Außenhandelskammer in Shanghai, die eng mit der IHK Dortmund vernetzt ist.
„Vieles hat sich aus der Offenheit und dem gegenseitigen Vertrauen entwickelt“
Welche weiteren China-bezogenen Aktivitäten gibt es bei Ihnen?
M. Kadoch:
Wir bieten den Schüler:innen einen Chinesischsprachkurs an, der zweimal im Monat abends außerhalb des Stundenplans stattfindet. Die geringe Stundenanzahl ergibt sich daraus, dass die Schüler:innen in ihren Betrieben arbeiten und den Kurs zusätzlich belegen. Die erfolgreiche Teilnahme wird durch das Ablegen der HSK 1 -Prüfung am Konfuzius Institut Metropole Ruhr bestätigt. Diese Prüfung ist international anerkannt und damit ein wertvoller Beitrag für den Lebenslauf und zukünftige Bewerbungen der Teilnehmenden.
Regelmäßiger werden China-Inhalte in unserem Fachkurs „Außenhandelsprozesse“ im Differenzierungsbereich behandelt. Die regelmäßige Auseinandersetzung mit asienspezifischen Außenhandelsthemen und regelmäßige Geschäftskontakte nach Asien sensibilisieren die Schüler:innen für den Wirtschaftsraum. Der Kurs ist sehr beliebt und stößt auch bei den Ausbildungsbetrieben auf positive Resonanz. Außerdem organisieren wir auch Vorträge zu China-bezogenen Themen. Wir versuchen damit, Expertise von außen in den Kursraum zu bringen und die Schüler:innen so optimal auf den Austausch vorzubereiten.
„Langfristig sind hervorragende Kooperationen mit den Ausbildungsbetrieben entstanden.“
Welchen Mehrwert bringt das Programm für die Schule und die Region?
M. Kadoch:
Man muss sich stets vor Augen führen, dass wir in großer Konkurrenz zu anderen Berufskollegs stehen. Durch so ein Zusatzprogramm können wir uns für die Arbeitgeber:innen einerseits attraktiv darstellen und binden andererseits die Unternehmen an unser Ausbildungsprogramm. Die Unternehmen unterstützen uns bei Besuchen von chinesischen Firmen, die Übergabe der Abschlusszeugnisse findet oftmals in den Ausbildungsbetrieben statt. Es ist ein Geben und Nehmen - langfristig sind so hervorragende Kooperationen entstanden.